Den Drachen an die Kette nehmen

In Nord-Griechenland gibt es einen kleinen Staat. Es handelt sich um das Gebiet um den Berg Athos. Dort leben in verschiedenen Klöstern griechisch orthodoxe Mönche in einer eigenen Republik. Wer dort einreisen will braucht extra Papiere. Eine wunderschöne Gegend zum wandern und mit herrlichen Klöstern. Hier werden unter anderem die Reliquien der heiligen Magareta verehrt, einer Märtyrerin aus Antiochien (heute Aleppo in Syrien).

Mich beeindruckt, wie diese Heilige bildlich dargestellt wird: nämlich mit einem Drachen an einer Kette. Beinahe sieht es so aus, als hätte sie ein Hündchen an der Leine, aber wer genauer hinieht bemerkt den schrecklichen Drachen. In dieser Gestalt soll ihr laut der Legende der Leibhaftige erschienen sein, aber sie hat ihn mit Christi Hilfe besiegt indem sie ihren Fuß auf sein Haupt stellte und ihn fortan an die Leine nahm. Von nun an begleitete dieser Drache sie, und wenn er fauchte und wild wurde, zog sie an der Leine um ihn zu bändigen. Soweit die Mythologie.

Mich fasziniert diese Geschichte. Margarete tötet den Drachen nicht. Sie schickt ihn nicht weg. Sie bindet ihn nicht irgendwo fest und zieht ihrer Wege. Er ist ihr ständiger Begleiter, nicht zahm, aber von ihr beherrscht.
Ich meine, dass auch wir Evangelischen uns an dieser Heiligen orientieren können. Und zwar nicht, was den Umgang mit dem Leibhaftigen angeht, sondern den Umgang mit unseren „dunklen“ Seiten. Ich kenne viele Menschen (und ich kenne mich selbst) die versuchen, dass was sie an sich stört loszuwerden, zu verleugne , ein für alle mal zu besiegen. Aber oft scheitern wir daran. Die schlechte Angewohnheit, die Sucht, der störende Charakterzug, er wird bekämpft auf „Teufel komm raus“, aber dann scheitern wir und „der Drache“ treibt wieder sein Unwesen mit uns, weil wir ihn nicht besiegen konnten. Alles wie zuvor, nur mit vielen Wunden vom Kämpfen.

Vielleicht müssen wir den Drachen aber gar nicht besiegen, sondern an die Kette nehmen. Wie Magarete.
Vielleicht ist das das Geheimnis der Kraft Gottes: Er gibt uns Kraft den Drachen zu bändigen.
Die Sucht, sie gehört zu mir, aber vielleicht gibt Gott mir die Kraft, dass ich sie im Zaum halte, nicht sie mich.
Die dumme Angewohnheit nicht los zu werden, aber steuern zu können.

Und nicht mehr so zu tun, als wäre der störende Charakterzug nicht Teil von mir, aber ihn dann doch bei bestimmten Menschen oder Situationen zu zügeln, um ihn nicht bestimmen zu lassen.

„Herr gib mir die Kraft, meine dunkeln Seiten zu erkennen, ohne in Angst zu geraten“, heißt es in einem bekannten Sündenbekenntnis. Gott liebt uns. So wir wir sind: mit Süchten, Schrulligkeiten, und unangenehmen Charaktereigenschaften. Aber er kann uns machmal die Kraft geben, sie an die Kette zu nehmen.

Und selbst wenn wir noch nicht mal das schaffen, fallen wir niemals aus der Gnade Gottes heraus. Also lasst es uns versuchen.

Mit den besten Segenswünschen
Ihr/euer Albi Roebke