Nur ein Brot?

Was sollen wir heute zum Abend essen? – Mir reicht nur ein Brot. Nur ein Brot? Was rede ich da? Meine Gedanken gehen auf die Reise …
Es ist Frühjahr und der Winter ist zu Ende gegangen. Die Tage werden länger, die Vögel beginnen ihr Frühlingskonzert am frühen Morgen. Und ich sehe auf den Feldern die ersten zarten Triebe des im vergangenen Herbst ausgesäten Weizens. Vorboten des erwachenden Lebens, Startschuss in einen neuen Vegetationskreislauf. Hochzeit für die Landwirte und Zeit der Saat. Damit wir irgendwann Brot kaufen dürfen.
Ich sehe den Sommer, gehe durch ein reifes Weizenfeld, spüre den Sommerwind, der über die Ähren streif, die sich dem Luftzug anpassen und das Feld wie ein wogendes Meer aussehen lassen. Ich rieche den Duft des reifen Korns und sehe ein goldenes Feld im Kontrast zum blauen Sommerhimmel. Ein Geschenk Gottes, das alle Sinne berührt und in mir tiefe Demut auslöst.
Ich sehe den Herbst mit seinen abgeernteten Feldern über die Blätter und Gräser tanzen. Die Natur zieht sich langsam in sich selbst zurück und schöpft im Winter Atem. Die Ernte ist eingebracht und ich sehe eine Mühle, in der das gelieferte Getreide gemahlen wird. Mit Sorgfalt und mit Liebe der Menschen, die für gutes Mehl sorgen, damit wir Brot kaufen dürfen. Ein altes Handwerk, das immer mehr in Vergessenheit gerät, durch künstliche Aromen Neues schafft, aber an das alte wahrlich nicht heranreichen kann.
Ich sehe den Winter, in dem der letzte unserer Bäcker hier in Seelscheid, durch seiner Hände Arbeit, mit Freude und nach überlieferten Rezepten sein Brot backt. Manchmal macht Dietmar Stümper das auch in Kurtsiefen, im Backes. Und der Duft des Brotes lockt viele Gäste, die dieses frische, noch warme Brot mit nach Hause nehmen. So wie ich. Dann packe ich dieses Brot aus, bestreiche es mit Butter und gebe ein wenig Salz darüber…..
Nur ein Brot? Nein! Ich nehme mir vor, das so nicht mehr zu sagen. Es klingt falsch, respektlos und undankbar, fast überheblich. Dieses Brot wird durch vieler Menschen Arbeit und durch Gottes reichen Segen zum Inbegriff des Versorgt-Werdens. Nicht nur ein Brot, sondern Gottes Liebe zu uns Menschen. Uns zur Speise, Gott zur Ehre und den Menschen, die es für uns herstellen, zum Dank. Nur ein Brot? Nein!
Danke Gott, dass Du es so gut mit uns meinst.
Heinz-Günter Scholz