Eine kurze Geschichte des Weihnachtsbaums

Was wäre Weihnachten ohne Tannenbaum mit Kugeln, Lametta und Kerzen?
Dabei hat man 1500 Jahre ganz ohne Baum Weihnachten gefeiert. Denn erst im 16. Jahrhundert entstand der Brauch des Weihnachtsbaums. Und er ist nur evangelisch. In Straßburg hatte sich die Reformation durchgesetzt. Heiligenfiguren wurden abgeschafft. Ebenso die Mysterienspiele – also fromme Theaterstücke, die biblische Geschichten darstellten. Denn die Bibel war ja dank Martin Luther ins Deutsche übersetzt, also brauchte es keine Theaterstücke mehr. Aber die Menschen in Straßburg behielten aus den adventlichen Mysterienspielen einen Brauch übrig. In diesen war nämlich ein „Paradiesbaum“ vorgekommen (im Winter gab es nun mal nichts anderes als Tannen). Der Paradiesbaum mit seinen verbotenen Früchten erinnerte in dem Spiel die Menschen, wie die Sünde in die Welt kam. Nämlich durch das Naschen von Adam und Eva an diesem Baum, was auch sofort die Vertreibung aus dem Paradies nach sich zog. Und da stand er nun, der Ur-Weihnachtsbaum: eine Tanne mit roten Äpfeln dran. Eigentlich eine Theaterrequisite. An diese Geschichte wird gern zu Weihnachten erinnert, da mit der Geburt von Jesus die Sünde nun wieder aus der Welt verschwinden wird.
Wie gesagt, das Spiel wurde abgeschafft, aber der Paradiesbaum blieb. Zuerst in den Kirchen, dann nach und nach bei den Menschen zuhause. Und ganz allmählich verbreitete sich dieser Brauch in den evangelischen Landstrichen. Wahrscheinlich auch, weil wir Protestanten wegen des Bilderverbotes ursprünglich keine Krippen aufstellten. Jetzt hatte man also auch etwas über Weihnachten zum Aufstellen.

Von Johann Wolfgang von Goethe stammt eine der ersten Erwähnungen des Weihnachtsbaums in der deutschen Literatur. In dem Briefroman Die Leiden des jungen Werthers (1774) besucht der Protagonist am Sonntag vor Weihnachten die von ihm verehrte Lotte und spricht von den Zeiten, da einen die unerwartete Öffnung der Türe und die Erscheinung eines „aufgeputzten Baumes“ mit Wachslichtern, Zuckerwerk und Äpfeln in paradiesisches Entzücken versetzte. 
Aber für den Durchbruch des Weihnachtsbaums in ganz Deutschland brauchte es noch Zeit, den technischen Fortschritt und einen Krieg.
1871 wurde Frankreich besiegt und das Deutsche Reich gegründet. In den Lazaretten im Elsass ließ der Kaiser von Deutschland und König in Preußen (die Könige von Preußen hatten enge familiäre Kontakte in den Elsass und kannten also den Weihnachtsbaum schon) eben diese Bäume für die Soldaten aufstellen. In die Lazarette kamen Verwundeten aus ganz Deutschland und lagen dort gemeinsam, egal ob katholisch, evangelisch oder jüdisch.
Das Weihnachtsbaumfieber hatte nun ganz Deutschland infiziert und durch den rasanten Ausbau des Eisenbahnnetzes konnten nun alle Landstriche in Deutschland mit Bäumen versorgt werden. Auswanderer brachten den Brauch nun auch in die Neue Welt, die sofort vom Weihnachtsbaumfieber überwältigt wurde.

Heute steht der Weihnachtsbaum überall in der Welt. Und auch Katholiken stellen ihn selbstverständlich auf (wir Protestanten haben inzwischen ja auch die Krippe für uns entdeckt). Auch in Asien findet sich der Baum, auch wenn die Menschen dort oft gar keine Christen und Christinnen sind.
Der ursprüngliche Paradiesbaum verbindet heute als Symbol alle Menschen dieser Welt, egal wo sie wohnen oder was sie glauben. Und so verkündigt die einstige Theaterrequisite dann doch immer noch, was sie ursprünglich verdeutlichen wollte: Dass Friede kommt, zu allen Menschen dieser Welt und die Erlösung aller Menschen naht.

In diesem Sinne: fröhliche Weihnachten uns allen.
Ihr/euer Albi Roeke