Neues ist geworden

„Es ist, um aus der Haut fahren“ – so oder ähnlich ergeht es mir, wenn ich wieder einmal in dieselbe Falle hineingetappt bin. Und im nächsten Augenblick muss ich kleinmütig hinzuzufügen: „Aber ich kann nun mal nicht aus meiner Haut heraus!“
So plastisch können wir den Wunsch ausdrücken, anders zu werden, als wir sind. Es sollen doch bitte die Eigenheiten verschwinden, mit denen ich bei anderen anecke. Oder: die Vergangenheit, die ich immer mit mir herumschleppe, möge weggewischt sein. Oder: die Grenzen meiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten mögen doch bitte ausgeweitet werden. Ein ganzes Arsenal der Wünsche nach Anderssein macht sich mitunter laut. Aber all das hilft nicht wirklich. Zugleich müssen wir doch die Unerfüllbarkeit dieses Wunsches anerkennen. „Wir können halt nicht aus unserer Haut.“

Zu Beginn der neuen Woche ist uns ein Wort des Paulus gesagt:
„Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“
(2. Korinther 5, 17)

Dieser Satz ist wie eine Zusammenfassung des ganzen Neuen Testamentes: Durch die Verbindung mit Jesus wird ein neuer Anfang möglich. Wer im Einflussbereich Jesu lebt, ist damit eine neue Schöpfung, eine neue Kreatur.
Damit ist nicht gemeint, dass die Lebenserneuerung durch Jesus wie von selbst geschähe. Auch ist nicht gemeint, dass es im Leben eines Christenmenschen fortan keine Probleme oder Schwierigkeiten gäbe. Weil dieser Satz oft missverstanden wurde, hat sich mancher gerade daran gerieben.
Helfen kann uns der Blick auf den Zusammenhang, in dem dieses Wort steht. Und da erkennen wir: Es geht um die Versöhnung, die allen Menschen ohne jeden Unterschied gilt. Männer, Frauen, Menschen aus dem jüdischen Volk und aus den sogenannten heidnischen Völkern, Reichen, Armen, freien Bürgern und auch den verachteten Sklaven der damaligen Zeit. Durch die Verbindung mit Jesus spielen diese Unterschiede keine Rolle mehr.
Und doch ist die volle Wirklichkeit nicht immer sofort sichtbar. Paulus sagt: Neues ist geworden. Das heißt doch: Ja, es ist wirklich etwas Neues da. Das bleibt bestehen. Und doch ist auch das andere wahr: es entwickelt sich, stückweise, prozesshaft, auf dem Weg der Nachfolge Jesu.

Ich finde, diese Spannung macht unser Leben als Christenmenschen aus. In Christus ist ein neues Leben da, als Geschenk. Unverdient, unwiderruflich, einzigartig. Und doch gilt: Es muss und darf noch entfaltet werden im Leben jedes Einzelnen und im Leben unserer Gemeinschaften und unserer Kirchen. Ja, ich kann heraus aus meiner Haut, um mich von der Menschenfreundlichkeit Jesu umkleiden zu lassen, um ein Leben zu führen, wie Gott es sich gedacht hat.

Warum nicht heute damit anfangen?

Pfarrer Carsten Schleef