Ein Sonntag mit Hoffnung

Am letzten Samstag habe ich in meiner Nachbarschaft einen Brief verteilt. Darin stand, dass unsere Kirchengemeinde zusammen mit unserer katholischen Schwestergemeinde täglich um 19.30 Uhr die Glocken läutet – zur Ermutigung, zur Hoffnung und um Gott um Beistand zu bitten, und als Zeichen der Solidarität zu den erkrankten, sterbenden und verängstigten Menschen. 

Ich habe diesen Brief bewusst an alle Menschen in meinem Dorf gerichtet, egal ob kirchlich orientiert oder nicht. Als Symbol unserer Liebe und unserer Hoffnung, unserer Verbundenheit in dieser schweren Zeit und unserer aller Aufgabe, Christus nachzufolgen, hatte ich auch darum gebeten, am Sonntag um 19:30 Uhr eine Kerze zu entzünden und in die Fenster zu stellen. Eine Erwartungshaltung hatte ich dabei nicht, im Gegenteil. 

Wir gehen jeden Tag um 19.30 Uhr nach draußen und hören auf unsere Glocken, auch an diesem Sonntag. Das erste, was ich vor der Haustüre sah, war eine Nachbarin, einige Häuser entfernt, mit ihrem Mann. Sie standen ebenfalls draußen, winkten und schwenkten eine Laterne. Meine direkten Nachbarn neben uns standen auch draußen. Auf den Fensterbänken ihrer Häuser standen brennende Kerzen und vor ihren Haustüren hatten sie Laternen aufgestellt. Ein Paar, das am Dorfende wohnt, kam die Straße herauf spaziert und erzählte mir, dass bei ihnen zuhause auch Kerzen brennen und dass es guttut, nicht alleine unterwegs zu sein.

Mich haben diese wenigen Minuten Gemeinschaft mit meinen Nachbarn sehr berührt, und ich weiß, dass Jesus Christus auch in dieser Zeit bei uns ist. Das macht es ein wenig einfacher, miteinander durch das Dunkel in das Licht der österlichen Hoffnung zu gehen. Und ich weiß auch, dass mir die Menschen unserer Gemeinde fehlen und unsere gemeinsame Zeit sonntags im Gottesdienst. Möge Gott uns alle stärken und bewahren – und uns allen ein Wiedersehen im Sonntagsgottesdienst schenken.

Heinz-Günter Scholz