Musik bewegt. Das sieht man schon bei kleinen Kindern. Hören sie Musik, dann fangen sie unwillkürlich an zu trippeln und zu tanzen. Ohne, dass jemand sie dazu aufgefordert hat. Sie tun es, einfach so.
Auch als Erwachsene kennen wir das. Wir wippen mit den Füßen, schnippen den Takt oder üben uns mal mehr, mal weniger gut im Tanzen. Und selbst wenn wir andächtig einem Lied lauschen, bewegen wir uns innerlich. Unsere Seele fängt an zu klingen.
Musik bewegt uns aufeinander zu. Davon können Menschen erzählen, die in Chören singen. Da finden Menschen zueinander, die oft kaum etwas miteinander gemeinsam haben. Über alle Grenzen des Alters und der Milieus hinweg führt das gemeinsame Singen in die Gemeinschaft.
Musik setzt uns mitunter regelrecht auf Trapp. Von den 150 Psalmen in der Bibel sind 15 allein als Wallfahrtslieder ausgewiesen. Menschen, die sich auf den Weg nach Jerusalem zum Tempel gemacht haben, geben klagend und lobend, flehend und dankend Gott die Ehre.
Musik bewegt so kraftvoll, dass Menschen sich für eine Sache begeistern und daraus eine ganze Bewegung wird. Sie hat Kraft zu stören und zum Aufbruch zu rufen. Man stelle sich etwa Martin Luther ohne seine volkstümlichen Glaubenslieder vor, die heute noch in unseren Kirchen gesungen werden. Ohne „Ein feste Burg ist unser Gott“ ist die herz- und weltverwandelnde Bewegung der Reformation nicht vorstellbar. Oder denken wir an die Gospels und Spirituals. In ihnen liegt eine geradezu revolutionäre Sprengkraft. „We shall overcome“ war der Protestsong der schwarzen Widerstandsbewegung der 1960er-Jahre von Martin Luther King.
Ja, Musik bewegt uns hin zu Gott. Das ist die Erfahrung unzähliger Menschen über alle Kontinente und Zeiten hinweg. Sie lässt uns mit ihm in Kontakt treten. Sie redet nicht nur über ihn. Gott selbst teilt sich durch sie den Menschen mit. Jeder unserer Gottesdienste lebt von diesem geistvollen Geschehen. Kein Geringerer als Johann Sebastian Bach schreibt an den Rand seiner Bibel zu 2. Chronik 5, 13: „Bey einer andächtigen Musique ist Gott allzeit mit seiner Gnaden=Gegenwart.“
Pfarrer Carsten Schleef