Hoffnung auf Wunder

Was haben Sie gemacht in den Tagen vor Karneval? Vielleicht sich auf Karneval gefreut? Vielleicht waren Sie auf dem Weg in den Urlaub – ein paar freie Tage genießen? Vielleicht war es eine gewöhnliche Woche?
Ich selber saß gerade an der Vorbereitung für einen Karnevalsgottesdienst.
Plötzlich die Meldung: Russland marschiert in die Ukraine ein. Bin ich gerade im falschen Film? Panzer in Europa? Rakten- und Luftangriffe live übertragen auf den Social-Media-Kanälen? Sowas habe ich das letzte Mal vielleicht in Filmen gesehen.

Seit den letzten Wochen ist viel passiert.
Bereitschaft der russischen Atomstreitkräfte. Globale Wirtschaftskrise. Die Schweiz gibt ihre Neutralität auf. Und selbst die Fifa – und von der erwarte ich eigentlich gar nichts – schließt Russland von internationalen Turnieren aus.
Seit letzten Wochen begleiten uns auch die täglichen Bilder und Videos. Bilder auf den Smartphones; im Fernseher. Zerbombte Städte, mehrere hunderttausende Flüchtlinge. Und auch Bilder im Kopf.

Ich selbst habe mich dabei erwischt, wie ich mir ein Stauffenberg-Attentat für Putin gewünscht habe. Mittlerweile bin ich über mich selbst erschrocken. Aber was machen, wenn man keinen Ausweg sieht?
100 Milliarden für die Bundeswehr? Noch mehr Raketen, Panzerfäuste und Raketenwerfer? Ich meine, man kann nicht nichts tun. Klar. Aber Gewalt mit Gewalt lösen? Vielleicht kann damit Schlimmeres verhindert werden. Die Zerstörung aber bleibt.

Am Ende frage ich mich: Was gibt Ihnen und mir die Hoffnung? Was bringt Frieden?
Und ehrlich: Ich habe keine Lösung. Ich bin froh, dass ich als Christ meine Ratlosigkeit vor Gott bringen kann. Ist nicht für Jeden was. Aber: Die Hoffnung auf Wunder und den Glauben an das Gute will ich mir nicht nehmen lassen.
Trotz allem glaube ich an diese Hoffnung und an das Gute. Diese Hoffnung und dieses Gute sehe und spüre ich nämlich gerade dort, wo Menschen aktiv werden.

Weltweit demonstrieren Menschen für den Frieden, sogar in Russland, die bei jeder Friedensdemonstration Gefängnis riskieren und ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen. Menschen nehmen Flüchtlinge bei sich auf, allen voran in den Nachbarländern der Ukraine.
Menschen kommen zur Grenze mit Essen, Kleidung, Medikamenten und helfen da, wo Hilfe gebraucht wird. Menschen kommen an die Grenze, bieten ein Zimmer, Kommunalpolitiker lassen Betten in Sporthallen aufstellen, Wohncontainer. Kirchengemeinden stellen Kirchen und Gemeindehäuser für Flüchtlinge zur Verfügung. Menschen helfen mit Geld, mit Spenden.
Menschen sagen öffentlich und durch den Ausschluss Russlands etwa aus der Gemeinschaft des Sports und der Kultur, aus dem internationalen Geldverkehr, dass sie diese Tat Russlands ächten.

Evgeny Lebedev, ein reicher britischer und russischer Staatsbürger schreibt auf der ersten Seite einer britischen Zeitung an Herrn Putin: „Als russischer Bürger bitte ich Sie, die Russen davon abzuhalten, ihre ukrainischen Schwestern und Brüder zu ermorden. Als britischer Staatsbürger bitte ich Sie, Europa vor einem Krieg zu bewahren. Als russischer Patriot bitte ich Sie zu verhindern, dass junge russische Soldaten sinnlos sterben. Als Weltbürger bitte ich Sie, die Welt vor der Vernichtung zu bewahren.“

All dies zu sehen und zu hören gibt mir Hoffnung.
Allein hoffende Menschen können das Zusammenleben von Staaten zum Frieden hin verwandeln. Selig sind, die Hoffnung machen. So steht es zwischen den Zeilen der Bergpredigt, wenn Sanftmütige und Friedfertige gepriesen werden.
Gewalt bringt Verderben, Hoffnung bringt Leben. Selig sind und selig machen die Menschen, die anderen unter die Arme greifen und sie aufbauen.

Darum glaube ich trotz allem, dass die Hoffnung und das Gute in all diesen Chaosmächten weiter Bestand haben werden.

Bleiben Sie behütet!
Ihr Pfarrer Marc Jansen