Die Geschichte vom Elefanten

In der Bonner Rheinaue gibt es verschieden kleine Themengärten zu bewundern. In der Nähe des Post Towers gibt es den Blindengarten. Hier kann man alle Pflanzen und Blumen ertasten. In der Mitte des Gartens befindet sich eine Bronzeplastik zum Erfühlen. Es sind 5 Männer die einen Elefanten „ertasten“. Und man kann die Geschichte zu der Plastik lesen oder in Blindensprache ertasten. Und die Geschichte geht folgendermaßen:

In einem Königreich lebten einst fünf weise Gelehrte. Und sie alle waren blind. Ihr König schickte sie auf die Reise nach Indien, um herauszufinden, was ein Elefant ist.
Dort angekommen, wurden sie von einem Helfer zu einem Elefanten geführt. Sie standen dann um das Tier und versuchten, sich durch Ertasten ein Bild von dem Elefanten zu machen.
Sie standen um das Tier und versuchten, sich durch Ertasten ein Bild von dem Elefanten zu machen.
Wieder zurück beim König sollten sie über den Elefanten berichten.
Der erste blinde Gelehrte hatte das Ohr des Tieres ertastet und begann: „Der Elefant ist wie ein großer Fächer“.
Der zweite Blinde, der den Rüssel berührt hatte, widersprach ihm: „Nein, er ist ein langer Arm.“
„Stimmt nicht, er fühlt sich an wie ein Seil mit ein paar Haaren am Ende“, entgegnete jener Gelehrte, der den Schwanz des Elefanten ergriffen hatte.
„Er ist wie eine dicke Säule.“, berichtete der vierte blinde Gelehrte, der das Bein ertastet hatte.
Und der fünfte, der den Elefantenrumpf berührt hatte, meinte: „Der Elefant ist wie eine riesige Masse mit einigen Rundungen und Borsten darauf.“
Sie konnten sich nicht einigen, was ein Elefant wirklich ist.

Ich finde wir Christinnen und Christen können von dieser Geschichte viel lernen.
Zum einen, wie wir mit unseren persönlichen Glaubensgewissheiten umgehen sollten. Jeder Mensch ist unterschiedlich. Und macht unterschiedliche Erfahrungen mit Gott. Der eine erlebt Gott im Gebet. Die andere in der Natur. Eine andere Person ist Gott nahe im Dienst für andere Menschen. Und viele sind Gott nahe in der Musik. Das ist eine wunderbare Vielfalt. Aber wir würden diese Vielfältigkeit von Gotteserfahrungen zerstören, wenn jeder und jede behaupten würde, der jeweils eigene Weg sei der ausschließliche. Den der wunderschöne und vollkommen wahre Satz: „Gott begegnet uns in der Musik, in der Natur, im Gebet und im Mitmenschen“ wird falsch und sogar gefährlich, wenn wir die drei Buchstaben NUR hinzufügen. Wer behauptet NUR in der Musik, NUR in der Natur oder oder oder der zerstört das Wunder von Gottes Vielfalt. Und noch etwas lehrt die Geschichte vom Elefanten: Wir müssen uns gegenseitig von unseren Erfahrungen erzählen. Aber nicht, um unser Gegenüber zu überzeugen, sondern um mehr über Gott zu erfahren. Dazu gehört nun einmal das Selbstvertrauen, dass meine Erfahrung richtig ist. Aber eben auch, dass meine Erfahrung nicht alles ist. Wenn wir uns dann austauschen, und nur dann, erfahren wir mehr von Gottes wunderbarer Größe und Vielfalt. Und selbst wenn wir uns alle ausgetauscht haben, werden wir ahnen, dass Gott noch größer ist, als alle unsere menschlichen Erfahrungen zusammengenommen. Keine darf fehlen, aber alle zusammen sind immer noch nicht „die Wahrheit“ über Gott. Das gilt für uns, als Gemeinde vor Ort. Aber vielleicht auch im Umgang mit anderen christlichen Konfessionen. Und vielleicht sogar im Dialog mit anderen Religionen.

Ob das so ist, weiß ich nicht. Aber wenn wir mit dieser Haltung, mit dieser Einstellung in den Austausch mit anderen Menschen gehen, dann können wir Hass und Angst unter den Menschen vermindern. Und das will unser Gott auf jeden Fall.

Mit den Besten Segenswünschen
Ihr/Euer Pfarrer Albi Roebke