Liebe Gemeinde,
vor fast genau 80 Jahren, am 21. April 1941 in Alpirsbach, hielt Rudolf Bultmann (1884-1976), einer der bedeutendsten evangelischen Theologen, einen berühmt-berüchtigten Vortrag, an den ich gerne erinnern möchte.
Rudolf Bultmann hat mit diesem Vortrag den Begriff der Entmythologisierung geprägt. Das Weltbild des Neuen Testaments ist das mythische Weltbild der Antike. Unser modernes, aufgeklärtes und naturwissenschaftlich geprägtes Weltbild ist ein ganz anders und kann nicht mit dem mythischen Weltbild der Antike in Einklang gebracht werden.
„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben.“, schreibt Bultmann (Neues Testament und Mythologie, in: Kerygma und Mythos, Bd. I, S. 18).
Deshalb hat die christliche Verkündigung unserer Zeit die Aufgabe, das Neue Testament zu entmythologisieren, d. h. die eigentliche Botschaft, um die es geht, von den mythischer Hülle zu unterscheiden.
Es würde den Rahmen dieses geistlichen Wortes sprengen, wenn ich die mutigen und klugen Gedanken Bultmanns hier in Gänze zusammenfassen würde. Aber ich will doch an diesen denkwürdigen Vortrag erinnern, für den Theologe aus frommen Kreisen der eigenen Kirche scharf gescholten wurde. Bultmann hat der evangelischen Kirche die bleibende Aufgabe ins Stammbuch geschrieben, dass Glauben und Verstehen kein Widerspruch sein dürfen, sondern eine Einheit bilden.
Wer den spannenden Gedanken Bultmanns gerne ein wenig weiter nachgehen möchte, dem sei ein Interview empfohlen, dass DER SPIEGEL 1966 mit dem Theologen geführt hat.
Das Interview finden Sie hier.
Ihr Gregor Wiebe