Das Paradies des Weihnachtszimmers

In vielen Familien wird das Wohnzimmer an Heilig Abend zum „Weihnachtszimmer“ – es ist festlich geschmückt, es brennen Kerzen, es werden Weihnachtslieder gesungen, Geschenke liegen bereit und vor allem: Hier steht der Weihnachtsbaum, der aus dem Wohnzimmer ein „Weihnachtszimmer“ werden lässt. Als Kind war es für mich ein großer Zauber, wenn dieser Raum erst noch verschlossen war und wir erst nachmittags nach dem Besuch des Gottesdienstes und nach dem Klingeln des Glöckchens das Zimmer betreten durften. Manchmal habe ich schon einmal heimlich einen Blick durch das Schlüsselloch gewagt, manchmal habe ich aber auch genau das vermieden, um den Zauber beim Betreten des Zimmers, auf das ich als Kind 24 Tage lang (gefühlt das ganze Jahr lang) hingefiebert habe.
So geht es vielen Kindern in der Adventszeit und ähnliche Traditionen wird es in vielen Familien geben. Das „Weihnachtszimmer“ ist für Kinder wie ein Paradies.
Dass das Wohnzimmer zum „Weihnachtszimmer“, zum Paradies um den Weihnachtsbaum herum. Diese kindliche Erfahrung, die sich damit verbindet, vermittelt Kindern ganz intuitiv die Bedeutung von Weihnachten. Und der Weihnachtsbaum spielt dabei eine ganz zentrale theologische Rolle:
Der Weihnachtsbaum ist ursprünglich der Paradiesbaum, von dem Adam und Eva gegessen haben. Die roten Kugeln, mit denen der Weihnachtsbaum geschmückt sind, stehen für die Paradiesfrüchte, weshalb früher oft auch echte Äpfel im Baum hingen. Das Paradies, aus dem Adam und Eva laut der biblischen Schöpfungsgeschichte vertrieben wurden, wird an Weihnachten wieder für uns Menschen geöffnet:

Heut schließt er wieder auf die Tür / zum schönen Paradeis; /
der Cherub steht nicht mehr dafür [= davor]. / Gott sei Lob, Ehr und Preis!
(Ev. Gesangbuch 27,6)

Diese Weihnachtsbotschaft – Weihnachten eröffnet uns den Weg zum Paradies, das jedem von uns geschenkt wird – erfahren Kinder in dem Zauber des Weihnachtszimmers, das durch den Weihnachtsbaum zum Paradies wird.

Ich wünsche Ihnen eine kindliche Vorfreude auf Weihnachten und eine gesegnete Adventszeit!

Ihr Pfarrer Gregor Wiebe