Wir weigern uns, Feinde zu sein

Ein Rückblick auf den Jedermann- und Jedefrau-Gesprächskreis vom 25. Oktober 2017

„Wir weigern uns, Feinde zu sein“

Unter dieses Thema stellte Dr. Rainer Stuhlmann seinen Vortrag beim Jedermann/Jedefrau Diskussionsabend im Gemeindehaus der evangelischen Kirche in Seelscheid. Im vollbesetzten Gemeindesaal berichtete er über seine Erfahrungen mit dem jüdisch-palästinensischen Verhältnis, die er selbst vor Ort machen konnte. Dr. Stuhlmann war in dem ökumenischen, christlichen Dorf Nes Ammim fünf Jahre der für die Bildungs- und Studienarbeit verantwortliche Leiter.
Dieses Verhältnis ist nicht zu verstehen – wenn überhaupt – ohne den geschichtlichen Hintergrund. Der Staat Israel liegt im Gebiet des früheren Palästina. Der Name Palästina wurde im 20. Jahrhundert für das britische Völkerbunds Mandat für Palästina verwendet, er stammt aber aus der Antike: Die römische Provinz Judäa wurde nach dem dritten jüdischen Aufstand gegen die Römer (132 – 135 n. Chr.) in Syria Palaestina umbenannt und das jüdische Volk aus dem Gebiet vertrieben.
Mit dem Aufkommen der zionistischen Bewegung wanderten seit den frühen 80er Jahren des 19. Jahrhunderts Juden nach Palästina ein. 1948 wurde der Staat „Land Israel“ im Gebiet Palästina gegründet. Die Palästinenser haben diesen Staat nicht anerkannt, ebenso wie Israel bis heute keinen Staat Palästina anerkennt.
In dieser Ausgangslage hält es Dr. Stuhlmann für uns Europäer für unbedingt notwendig, dass wir „beiden Gruppen das Ohr leihen“ und uns dann erst ein Bild von der Situation in Israel und dem Westjordanland machen. Dr. Stuhlmann hat das getan, das machte jeder Satz in seinem Vortrag deutlich. Auf der einen Seite gelte nach wie vor, dass Israel der einzige demokratische Staat im Nahen Osten ist mit unabhängiger Gerichtsbarkeit. Seit der Staatgründung muss Israel sich wehren, um seine Existenz zu sichern, dazu braucht es die Armee. Aber: Die Armee hält auch die Besatzung palästinensischer Dörfer aufrecht. So wie für den Staat Israel in seinem Innern Recht und Gerechtigkeit die oberste Maxime seien, so gelte für die besetzten Gebiete: Sicherheit über alles, auch über dem Recht.
Dr. Stuhlmann illustrierte seinen spannenden Vortrag mit zahlreichen Bildern und Karten. Die Frage „Gibt’s es Alternativen für diese und in dieser Region?“, stellte er selbst und beantwortete sie auch gleich mit einer Aufzählung von Initiativen Einzelner und von Gruppen. Alle haben das Ziel der Gewaltfreiheit und der friedlichen Zusammenarbeit von Israelis und Palästinensern, unterstützt auch durch Menschen aus Westeuropa. Zu diesen Initiativen gehört auch das Sommerlager „Kids for Peace“ im israelischen Dorf Nes Amim für israelische und palästinensische Kinder und europäische Jugendliche, zu dessen Unterstützung nach dem Vortrag 400 EUR von den Zuhörern gespendet wurden.