Reformation im Kirchspiel Seelscheid

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe anlässlich des 500-jährigen Reformationsjubiläums hatten wir am 22. März den Historiker und Archivar Hartmut Benz in der Dorfkirche zu Gast. Herr Benz, der schon des Öfteren Vorträge in Seelscheid gehalten hat, hatte sich diesmal zum Thema „Reformation im Kirchspiel Seelscheid“ vorbereitet.
Die knapp 100 Besucher des Vortrages erlebten einen fundierten und interessanten Einblick in die Geschichte unserer Kirchengemeinde. Eingangs bot Benz eine Übersicht zur Geschichte der Dörfer, die im 15. Jahrhundert den Kapellenbezirk Seelscheid bildeten, der damals noch von der Pfarrgemeinde Neunkirchen abhängig war. Schon für 1435 ist in Seelscheid ein sogenanntes Hofgericht nachweisbar, das aus einem Schultheiß und sieben Schöffen bestand. Von 1440 datieren die ältesten, erhaltenen Rechtstexte, welche als Grundlage der Arbeit besagten Gerichtes dienten und nach denen auch Recht gesprochen wurde.
Erste Spuren der „neuen Lehre“ sind in Seelscheids Nachbarschaft 1552 festzustellen (in Honrath) und spätestens 1554 hat der dortige Priester Predigt und Liturgie in der Volkssprache und nicht in Latein gehalten – ein Indiz für den damals aufkommenden Protestantismus. 1584 wurde Eberhard Karthaus, in seiner Eigenschaft als Vikar von Neunkirchen, zum Kaplan in Seelscheid ernannt. Er übte seinen Dienst bis 1589 aus, wurde aber dann, wegen 1588 erstmals belegter „protestantischer Tendenzen“, nach Volberg berufen. Die Stelle eines katholischen Priesters sollte in Seelscheid bis 1693 vakant bleiben. Seit 1643 wohnte allerdings stets ein lutherischer Prediger in Seelscheid und für 1679 ist der Erwerb eines ersten Pfarrhauses bekannt. 1672 bestimmte die Landesregierung in Düsseldorf, daß die Seelscheider Kirche keiner der beiden Konfessionen zuzuschlagen, sondern von ihnen simultan zu nutzen sei. Zur konkreten Umsetzung wurden genaue Vorschriften erlassen, die allerdings die „Lutterschen“ deutlich benachteiligten. In seiner humorvollen und unterhaltsamen Art schilderte Benz dann viele Anekdoten und „Verzällcher“ zu kleineren und größeren Gemeinheiten, die in dieser „Zwangsehe“ aktenkundig wurden. Zur Sprache kam allerdings auch viel gelungenes Miteinander – vor allem auf dem Gebiet der damaligen Armenfürsorge.
In den Jahren 1853 bis 1855 wurde dann endlich, nachdem das „Simultaneum“ 1845 aufgehoben worden war, eine eigene Kirche im Dorf gebaut. Eine neue katholische Kirche auf dem Berg entstand dann zwischen 1856 und 1859. Nach der Bombardierung der Dorfkirche 1944 erhielt sie, nach dem Wiederaufbau (1945-1949) ihr heutiges Aussehen.
Die Besucher des Vortrages erlebten Geschichte sehr lebendig und spannend vorgetragen und als Fazit sei gesagt: Fortsetzung wird geplant.
Herzlichen Dank an Herrn Benz für eine kurzweilige und interessante Reise in die Vergangenheit der Evangelischen Kirchengemeinde Seelscheid.
Heinz-Günter Scholz